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Mittwoch, 3. April 2013

Ermittlungsverfahren gegen Thomas Urmann - U+C Rechtsanwaltsgesellschaft

Hinweis: aktuelle Informationen und weiterführende Links zur Massenabmahnung wegen Urheberrechtsverletzung durch streaming auf redtube und Abmahnung der Kanzlei U+C finden Sie hier -  aufgrund der immer weiter ansteigenden Fülle von aktuellen Informationen haben wir in unserem Artikel über Abmahnungen bei redtube am Ende des Artikels eine Linkliste mit Infos und Recherchen Dritter (wie der Piratenpartei, Klemens Kowalski, regensburg-digital, etc) veröffentlich.

Vorsicht derzeit werden auch Betrugs-e-Mails mit eventuell gefährlichem Anhang verschickt, die nicht von U+C stammen. (weitere Infos im Link zu unserem Blog) . 

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Wie regensburg-digital unter Berufung auf RA Andreas Forsthoff berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Regensburg derzeit gegen Rechtsanwalt Thomas Urmann, geschäftsführender Gesellschafter der U+C Rechtsanwälte URMANN + COLLEGEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH wegen Verdachts des Betrugs (Staatsanwaltschaft Regensburg Aktenzeichens 103 Js 16997/12). [Update: 12.12.13 - nach Auskunft von regensburg-digital wurde das Strafverfahren mangels Tatverdacht eingestellt -  eine Beschwerde dagegen hat die Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg abgelehnt. ]

Hintergrund ist offensichtlich die massenhafte Versendung von Abmahnschreiben im Auftrag der KVR Handelsgesellschaft mbH, vertreten durch den Geschäftsführer Frank Drescher, Gammelsdorf, wegen angeblichem Wettbewerbsverstoß. Innerhalb eines kurzen Zeitraums hatten seinerzeit mehrere hunderte kleine Internethändler eine Abmahnung der Kanzlei U + C wegen angeblichem Wettbewerbsverstoß erhalten.

Durch die Masse der Abmahnungen könnte ein Rechtsmissbrauch gegeben sein, wobei allein die Vielzahl von Abmahnungen für sich gesehen noch nicht ausreichend ist, jedoch ein gewichtiges Indiz. Weitere Anhaltspunkte wären hierfür die Verfolgung sachfremder Motive, z.B. die reine Gebührenerzielungsabsicht, welche z.B. angenommen werden kann, wenn der Umfang der Geschäftstätigkeit des der abmahnenden Firma in Anzahl zu den ausgesprochenen Abmahnungen in keiner Relation steht.

Von einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung hat eine Firma zunächst keine finanziellen Einnahmen (sofern nicht gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen wird). Die Abmahnkosten stehen damit allein dem mit der Abmahnung tätigen Rechtsanwalt zu. Sollte der Abgemahnte diese nicht bezahlen (was nicht selten vorkommt), so haftet für die entstandenen Anwaltskosten zunächst die beauftragende Firma. Eine Firma, welche z.B. 50.000.- € Umsatz im Jahr macht, wird daher sicherlich nicht tausende von Abmahnungen aussprechen lassen und hierfür ein Vielfaches ihres Umsatzes an eigenen Anwaltskosten riskieren. Hier wäre u.U. ein Verdacht gegeben, dass es eine illegale Gebührenabsprache zwischen der abmahnenden Firma und dem Abmahnanwalt gibt, z.B., dass für vom Gegner nicht bezahlte Anwaltskosten keine Kosten bei der abmahnenden Firma entstehen. Denkbar ist auch eine geheime Absprache, dass die abmahnende Firma einen Teil der "eingenommenen" Abmahnanwaltskosten erhält um so auch von den ausgesprochenen Abmahnungen finanziell zu profitieren. Ob dies im Fall U+C gegeben ist, ist nicht bewiesen.

Update: Im Juli 2013 unterlag U+C im Zivilverfahren vor dem AG Regensburg (Az. 4 C 3780/12) wegen Abmahnungen für die KVR Handelsgesellschaft mbH. Innerhalb von zwei Wochen sollen über 1.000 Abmahnungen verschickt worden sein - die KVR habe jedoch fast keine Umsätze getätigt. Ein Beklagter wehrte sich und bekam in erster Instanz recht - die Abmahnung war rechtsmißbräuchlich. Drescher habe die Handelsgesellschaft nur als Fassade gegründet, um ein Wettbewerbsverhältnis zu fingieren und so die Möglichkeit zu schaffen, andere Online-Händler abzumahnen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig - die Berufungsverhandlung finden am 18.3.2014 vor dem Landgericht Regensburg statt.
Zu weiteren Infos siehe auch: Der Skandal nach dem Skandal - Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Walter Felling

Update 04.12.2014: Im Prozess um massenhafte Impressums-Abmahnungen wies das Landgericht Regensburg am 02.12.14 die Berufung Berufung von Urmann und Frank Drescher gegen das Urteil des AG Regensburg ab. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Das Amtsgericht Regensburg hat in erster Instamz im Sommer 2013 eine „vorsätzlich sittenwidrige” Abmahnpraxis gesehen.(siehe auch Artikel vom 02.12.2014 unter regensburg-digital.de)

Auch an uns wurden in der Vergangenheit immer wieder Anfragen gestellt, ob man nicht im Sinne einer oben beschriebenen Absprache handeln könne - die Firma sucht die Rechtsverstöße, welche es nach wie vor zu hunderttausenden im Internet gibt - der Anwalt mahnt ab - und das Geld wird geteilt. Nette Idee - sind auch schon andere darauf gekommen - aber unzulässig und u.U. auch ein gewerbsmäßiger Betrug, auf dem Gefängnis und der Entzug der Anwaltszulassung stehen könnte. Wir verzichten daher dankend auf weitere ähnliche Anfragen!

Die Kanzlei Urmann und Collegen war lange Zeit im Abmahngeschäft wegen angeblicher Verletzung von Urheberrechten eine der Spitzenreiter bei der Anzahl der ausgesprochenen Abmahnungen. So wird vermutet, dass bis zu 70.000 Abmahnungen wegen Urheberrechtsverstößen durch illegales Filesharing pro Jahr versandt wurden- hauptsächlich im Pornofilmbereich. Die Anzahl der Zahlenden dürfte nach unseren Schätzungen sehr hoch gewesen sein, da viele bei dem delikaten Thema und den eindeutigen Bezeichnungen der Filmtitel den Gang zu einem Anwalt gescheut haben und die Angelegenheit schnellstmöglich - bevor es die Ehefrau oder Freundin erfährt - erledigen wollten. Dennoch hat es sicherlich auch viele Fälle von Nichtzahlern der Anwaltskosten gegeben.

U+C ist in der Folge durch seine Versteigerung von offenen Abmahnfällen im Wert von 90 Millionen Euro und Weitergabe / Verkauf von zehntausenden offenen Fällen an das Inkassounternehmen Debcon aufgefallen (siehe hierzu unserer Artikel U+C versteigert Filesharing Forderungen über 90 Mio.).

Sehr starke Beachtung fand auch die für eine Anwaltskanzlei ungewöhnliche Idee eines sog. Pornoprangers. Die Anwaltskanzlei U + C wollte die Namen der angeblichen Urheberrechtsverletzer, welche die Abmahnkosten nicht bezahlt hatten öffentlich ins Internet stellen. Dies wurde jedoch folgerichtig gerichtlich untersagt (siehe U+C droht mit Veröffentlichung der Namen von Abgemahnten).
Hatte Rechtsanwalt Urmann eventuell schon seit längerem befürchtet, dass diese Aktionen irgendwann auch mal ein Nachspiel haben könnten - vielleicht auch deshalb seine Sitzverlegung von Regensburg nach Hamburg an die Elbchaussee? In letzter Zeit ist es jedenfalls deutlich ruhiger um U+C geworden und die Zahl der ausgesprochenen Abmahnungen ist nach unserer Einschätzung sehr deutlich gesunken. Update 12.12.13: U+C ist wieder im Abmahnwesen am Start - mit den aktuellen Abmahnungen für Filme auf Redtube hat sich U+C deutschlandweit in die Medien katapultiert - noch nie wurden so viele Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung innerhalb von Tagen ausgesprochen - Schätzungen gehen derzeit von 10.000 Abmahnungen aus - RA Urmann hatt weitere Abmahnungen nach Weihnachten 2013 angekündigt.
Die Domain urmann.com ist zwischenzeilich (04.12.14) nicht mehr erreichbar - U+C hat sich anscheinend aus dem Abmahngeschäft zurück gezogen.

Aktuell werden jedoch immer mehr Abmahnwellen bekannt. So haben erst letztes Jahr Abmahnungen der ehemaligen Firma Binary Services GmbH - jetzt Revolutive Systems GmbH aus Regenstauf durch den Kollegen Hans-Werner Kallert wegen fehlendem Impressum auf Facebook-Seiten für erhebliche Aufregung in der Netzwelt gesorgt. Das Landgericht Regensburg hat in zwei Verfahren, in denen wir als Unterbevollmächtigte abgemahnte Firmen vertreten haben, erstinstanzlich entschieden (Az. 1 HK O 1884/12), dass in diesen Fällen kein Rechtsmissbrauch gegeben war. Die Geschäftsführer hatten zudem eine Bestätigung vorgelegt, in der sie sich persönlich zur Übernahme eventueller Anwaltskosten des abmahnenden Rechtsanwalt Kallert verpflichten. Die abgemahnten Rechtsverstöße wurde durch Revolutive Systems GmbH mittels eines Softwareprogramms automatisch aufgespürt. Das OLG Nürnberg hat jedoch in zwei  Berufungsverfahren, die wir ebenfalls als Unterbevollmächtigter vor dem Oberlandesgericht geführt haben, mit Urteil vom 03.12.2013 (3 U 348/13) entschieden, dass die Abmahnungen der Revolutive Systens GmbH rechtsmißbräuchlich waren und das Urteil des LG Regensburg aufgehoben.

Pikant ist, dass der hinter der Firma Revolutive Systems GmbH stehende Geschäftsführer Florian Blischke in der Vergangenheit mit seiner Firma "BHIP reliable netservices" auch massenhaft für Urmann+Collegen nach Tauschbörsennutzern gefahndet hat, die urheberrechtlich geschützte Pornofilme in Tauschbörsen angeboten haben sollen.

Weiter Infos und Links:

3 Kommentare:

  1. Sehr geehrter Herr v. Hohenhau,

    vielen Dank für diesen informativen Beitrag!

    Ich habe eine Frage, die sich sicher viele Betroffene stellen (habe eben eine E-mail bekommen):

    ist ignorieren dieser E-mails der richtige Weg, oder sollten andere Schritte eingeleitet werden, um weiteren Betrugsversuchen vorzubeugen?

    MIt freundlichen Grüßen

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  2. Nach unseren Informationen sind die e-Mail Abmahnungen Betrug. Dies erkennt man auch daran, dass weder die e-Mail Adresse der Kanzlei Urmann + Kollegen als Absender angegeben ist und das Schreiben von Fehlern strotzt. So sind bei einigen e-Mails, welche uns Betroffene zugesandt haben Ermittlungszeitpunkte genannt, welche erst in der Zukunft liegen. Nach Informationen von Kollegen, mit denen ich in ständigen Kontakt stehe enthält der Anhang einen Virus oder Trojaner - es wird daher geraten die e-Mail nicht zu öffnen und umgehend zu löschen. Uns sind keine seriösen Abmahnungen nur per e-Mail bekannt.

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  3. Nizza Post. Ich mag die Art und Weise Sie beginnen und dann schließen Sie Ihre Meinung. Vielen Dank für diese Informationen .I wirklich zu schätzen Ihre Arbeit, weiter so

    existenzgründung regensburg

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